Pressemitteilung
Sepp Rettenbeck zitiert bayerische Verfassung: Kommunen dienen dem Aufbau der Demokratie von unten nach oben
Hospiz wird segensreiche Einrichtung werden - Jahresschlussrede im Kreistag
"Wollen wir dem verfassungsmäßigen Aufbau der Demokratie nach der bayerischen Verfassung nachkommen, müssen wir wieder viel mehr die Meinungsfreiheit stärken"
Rottal-Inn. Die Meinungsfreiheit muss nach Ansicht von ÖDP-Fraktionsvorsitzenden Sepp Rettenbeck wieder mehr im Mittelpunkt unserer Demokratie stehen. Nachfolgend die Rede zum Jahresschluss im Kreistag:
"Sehr geehrter Herr Landrat, liebe Kolleginnen und Kollegen,
gerade in Zeiten wie diesen, in denen von den Gefahren der Demokratie, aber Gott sei Dank auch von dem hohen Wert der Demokratie geredet wird, lohnt ein Blick in die bayerische Verfassung, dort steht in Art. 11, dass die Gemeinden dem Aufbau der Demokratie von unten nach oben dienen – und dazu gehört natürlich auch der Landkreis, welcher gemeinschaftlich kommunale Aufgaben nach dem Subsidiaritätsprinzip für die angehörigen Gemeinden erbringt.
Neben den sehr wichtigen, weil grundlegenden Pflichtaufgaben wie die stationäre Gesundheitsversorgung, den weiterführenden Schulen und den Landkreisstraßen standen in diesem zu Ende gehendem Jahr für uns, aber auch für viele Landkreisbürger die Zukunft von Erwagus, die Entwicklung der Ökomodellregion, der Transformationsprozess im Energiebereich, die Kosten im Zuge der Sanierung des Theaters an der Rott, die staatliche Aufgabe der Verkehrsanbindung im Inntal mit Bahnelektrifizierung und Lückenschluss A 94 sowie der Bau des Hospiz im Mittelpunkt.
Für uns besonders erfreulich war dabei der Baubeginn der Hospizeinrichtung, welche nicht nur eine wichtige Versorgungslücke im sozialen Bereich schließt, sondern für viele Landkreisbürger eine segensreiche Einrichtung werden wird. Auch die Entwicklung der Ökomodellregion stimmt zuversichtlich: Die große Zahl der Antragssteller hätte einen größeren Fördertopf gebrauchen können – auch wenn es nur sog. Kleinprojekte waren, haben wir damit doch so manchen Frauen und Männern in der Landwirtschaft bei einer nachhaltigen Bewirtschaftung ihres Betriebes, auch bei einer Umwandlung und damit auch dem Erhalt ihres Betriebes unterstützen können.
Die Elektrifizierung der Bahnlinie von Simbach/Inn über Mühldorf nach München als auch der Weiterbau der A 94 sind zwar keine Landkreisaufgaben, aber sehr wesentlich für die weiteren Lebensbedingungen in unserem Landkreis. Deshalb muss hier der Landkreis energische Zeichen setzen, beharrlich und entschieden für die Anliegen unserer Region kämpfen: Bei der Elektrifizierung darf Simbach/Inn nicht abgehängt werden. Obwohl die Innstadt im Mittelpunkt der europäischen Bahnverbindung zwischen Paris und Istanbul stehe, droht die Gefahr, dass künftig in Simbach wegen fehlender Elektrifizierung zunächst einmal Endstation ist. Und die A 94 wird den Bürgerinnen und Bürgern im Inntal noch einiges abverlangen: Zum einen ein fehlender Lückenschluss zwischen Simbach West und Simbach/Ost und zum anderen der Bau der A 94 mit ihren beträchtlichen Betroffenheiten für Mensch, Natur und Landschaftsbild.
Bei der Sanierung des Theaters hätten wir uns gewünscht – und auch per Antrag eingefordert – die Chance der Sanierung für eine breitere Verankerung des Theaters in unserer Bevölkerung und zugleich mit einer abgespeckten Variante für eine Kostenreduzierung zu nutzen. Hierfür erhielten wir keine Mehrheit – dies ist Demokratie, die wir akzeptieren, wir bitten aber auch, unsere Position zu respektieren und zu aktzeptieren.
Einen Alarm lösten bei uns – aber auch bei vielen Landkreisbürgern – die seit Jahresanfang getroffenen Maßnahmen (Einkauf mit Berechtigungskarte, Einschränkung des Warenangebotes, geänderte Öffnungszeiten) bei Erwagus aus. Der Einbruch der Umsatzzahlen, der sich im Vergleich 3. Quartal 2024 mit 3. Quartal 2025 von rund 30 Teuro auf rund 16 Teuro fast halbierte waren eine logische Folge.
Es ist erfreulich, dass nun das Warenangebot wieder allgemein auf Gebrauchtwarengegenständen ausgeweitet werden soll und künftig auch wieder Kleidung angeboten werden kann. Auch die ins Auge gefasste nachträgliche 30-Jahrfeier im neuen Jahr ist richtig und ebenso wie die Rücknahme der Einschränkung des Warenangebotes von uns eingefordert worden. Dennoch ist zurückzulehnen noch längst nicht angesagt: Die Umstellung auf einen 0-Euro-Laden sehe ich skeptisch, weil damit kein Geld eingespart werden kann und auch neue Probleme geschaffen werden. Ob die Einführung einer Berechtigungskarte wirklich zwingend erforderlich gewesen ist, bezweifle ich – und auch das Thema Öffnungszeiten werden wir ins neue Jahr mitnehmen, um wirklich optimale Bedingungen für Erwagus zu schaffen.
In einem relativ ruhigen Fahrwasser befinden sich erfreulicherweise die Rottal-Inn-Kliniken. Maßgeblich dafür sind nicht zuletzt die getroffenen und richtigen Maßnahmen nach dem Bürgerentscheid von 2009. Der Landkreis hat dabei – obwohl nicht immer unumstritten – die richtigen Kurskorrekturen gesetzt. Trotzdem: Mit einer unzureichenden Vergütung der Investitionskosten und einer fehlenden zukunftsweisenden Krankenhausplanung des Freistaates Bayern sowie einer unzureichenden Betriebskostenausstattung des Bundes leiden bayernweit und auch unsere Kliniken erheblich unter hohen Defiziten, für die letztlich der Landkreis aufkommen muss. Die neue Bundesregierung fährt hier einen Zick-Zack-Kurs, der den Krankenhäusern nicht wirklich große Hilfe ist.
Zurück zum Artikel 11 der bayerischen Verfassung und auf die bevorstehenden Kommunalwahlen im neuen Jahr: Im Zusammenhang der Bekanntgabe einer Meinungsumfrage für den Demokratie-Report des bayerischen Landtages sprechen die Forscher u. a. von sog. „kritischen Demokraten“, als einer von insgesamt vier Einstellungskategorien zur Demokratie. Landtagspräsidentin Ilse Aigner betonte bei der Veröffentlichung des Demokratie-Berichtes dabei davon, dass diese „nicht automatisch Systemgegner“ seien, sondern vielmehr empfänglich wären für eine offene Debatte und Argumente und fügte wörtlich hinzu, dass darin eine „gigantische Chance“ liege. Worte, die mir aus der Seele gesprochen haben, denn immer mehr Menschen haben das Gefühl, ihre Meinung nicht mehr sagen zu können und ohne Argumente in eine Schublade gesteckt werden. Wollen wir dem verfassungsmäßigen Aufbau der Demokratie nach der bayerischen Verfassung nachkommen, müssen wir wieder viel mehr die Meinungsfreiheit stärken
In diesem Sinne wünsche ich im Namen der ÖDP-Kreistagsfraktion allen Beschäftigen der Verwaltung, den Beschäftigten der Rottal-Inn-Kliniken und ihnen allen ein frohes, zufriedenes und friedvolles Weihnachtsfest und ein gutes, vor allem gesundes neues Jahr!"
